Palästinensische und Islamistische Terrororganisationen
Neben der Hamas, die für den mörderischen Terrorakt vom 7. Oktober 2023 im südlichen Israel hauptverantwortlich war, gibt es im Nahen Osten noch verschiedene weitere Organisationen, welche die Vernichtung des Staates Israel zum Ziel haben und teilweise als Terrorgruppierungen gelten: Palästinensische Befreiungsorganisation PLO mit der Fatah, Palästinensischer Islamischer Dschihad PIJ, Volksfront für die Befreiung Palästinas PFLP und die im Libanon vorherrschende Hisbollah (Partei Gottes).
Die 1964 gegründeten Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) versteht sich als legitime Interessenvertreterin der Palästinenser.
Wie die PLO in ihrer Charta von 1968 festhält, ist ihr Ziel, Israel zu vernichten. So soll auf dem ehemaligen britischen Mandatsgebiet Palästina ein Nationalstaat für die Palästinenser errichtet werden. Die Charta bezeichnete die Balfour-Deklaration und das Palästina-Mandat als «null und nichtig», die Teilung Palästinas 1947 und die Schaffung des Staates Israel als «völlig illegal» und den bewaffneten Kampf als «einzigen Weg zur Befreiung Palästinas».
1969 übernahm Jassir Arafat den Vorsitz der PLO. 1998 versicherte er US-Präsident Clinton in einem Brief, die PLO habe ihre Charta geändert und die Aufrufe zur Vernichtung Israels entfernt. Das ist nie geschehen.
Seit November 2004 ist Mahmud Abbas Vorsitzender der PLO. Er ist immer wieder durch Antisemitismus aufgefallen. Wie sein Vorgänger Jassir Arafat führt er in Personalunion die Geschäfte der PLO, der Fatah und der Palästinensischen Autonomiebehörde.
In den 1970er Jahren agierte die PLO mit bewaffneten Angriffen auf Ziele in Israel und im Ausland.
Innerhalb der PLO ist die Fatah die grösste und einflussreichste Fraktion. Sowohl die PLO als auch die Fatah werden von Mahmud Abbas geführt (zuvor von Jassir Arafat).
Die Fatah verzichtet «offiziell» auf Terroranschläge. Ihr bewaffneter Arm, die al-Aqsa-Märtyrer-Brigaden, ist jedoch für zahlreiche Anschläge in Israel verantwortlich.
Gegründet wurde die Volksfront zur Befreiung Palästinas 1967. Ideologisch ist sie dem linken Panarabismus zuzurechnen. Sie agiert politisch, terroristisch und militärisch.
Ihr zentrales Ziel ist die Vernichtung Israels als jüdischer Staat, der durch einen sozialistisch-arabischen Staat ersetzt werden soll.
Die Liste ihrer Terroranschläge ist lang. Unter anderem geht die Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut und die Ermordung des Piloten auf ihr Konto (1977).
Auch die Schweiz war vom Terror der PFLP betroffen:
- 1969 überfielen Attentäter in Kloten ZH ein Flugzeug der israelischen Gesellschaft El Al und töteten den Piloten.
- 1970 entführt die PFLP in einer koordinierten Aktion vier Flugzeuge, eine fünfte Entführung scheitert. Die Flugzeuge der Swissair, BOAC und TWA müssen auf dem stillgelegten Flugfeld Dawson’s Field nahe Zarqa in Jordanien landen. Es entwickelt sich ein zermürbender Nervenkrieg um die Freilassung der Geiseln im Austausch für palästinensische Terroristen. Dazu gehören die wegen des Attentats in Kloten vom 18. Februar 1969 in der Schweiz im Gefängnis sitzenden Attentäter.
- Swissair-Flug 330: Im Februar 1970 explodierte im Frachtraum einer Swissair-Coronado, die sich auf dem Flug von Zürich nach Tel Aviv befand, kurz nach dem Start eine Bombe. Die Maschine stürzte in einen Wald bei Würenlingen AG. Alle 47 Insassen wurden getötet.
- Als Auftraggeber für den Bombenanschlag bekannte sich George Habasch, ehemaliger Arzt am Kinderspital in Zürich, der nach seiner Rückkehr in die Heimat die die PFLP gegründet hatte. Die Strafverfolgungsbehörden der Schweiz haben die Verantwortlichen für dieses Attentat nie strafrechtlich verfolgt und verurteilt.
Anfang 2016 veröffentlichte NZZ-Journalist Marcel Gyr, Autor des Buches Schweizer Terrorjahre die These, es habe nach dem 6. September 1970 einen Kontakt zwischen der PLO und dem damaligen Schweizer Aussenminister Bundesrat Pierre Graber gegeben. Zwischen der Schweiz und der PLO sei wohl ein geheimes Stillhalteabkommen geschlossen worden.
Der Palästinensische Islamische Dschihad (PIJ) gilt als eine der radikalsten militanten Gruppierungen im Nahen Osten. Ihre Ideologie verbindet palästinensisch nationalistische Ideen mit jener der Muslimbrüder und Ayatollah Khomeinis, dem schiitischen Führer der islamischen Revolution im Iran.
Der Islamische Dschihad strebt ebenfalls die «Befreiung» des gesamten historischen Palästinas an und die Vernichtung Israels.
Nach Ansicht des PIJ führt eine korrekte Lektüre des Korans und ein Verständnis der Geschichte zum Schluss, dass Palästina im Mittelpunkt der religionsgeschichtlichen Konfrontation zwischen den Muslimen und ihren ewigen Feinden, den Juden, steht. Die Muslime repräsentieren die Kräfte der Wahrheit (haq), während die Juden und Christen die Kräfte des Glaubensabfalls (batil) verkörpern. Im Rahmen dieser Konfrontation ist das Palästina-Problem der Kern einer westlich-imperialistischen Offensive.
Die Gruppe entstand in den 1980er-Jahren in Gaza, ist aber auch im Westjordanland aktiv. Auf ihr Konto gehen Raketenangriffe, Anschläge und Selbstmordattentate. Die Organisation gilt als weniger schlagkräftig als die Hamas, ihre Raketen als weniger zielgenau.
Der Islamische Dschihad wird ebenfalls vom Iran finanziert und war am Pogrom vom 7. Oktober beteiligt.
Die Hisbollah (Arabisch für Partei Gottes) entstand 1982 als antiisraelische Miliz im libanesischen Bürgerkrieg. Sie steht wie die sunnitische Hamas unter Schirmherrschaft des Irans und setzt sich vorwiegend aus libanesischen Schiiten zusammen.
Die militärische Stärke der Hisbollah im Libanon ist beachtlich und ähnelt der Armee eines mittelgrossen Landes. Sie verfügt über mehr als 150’000 Raketen und Flugkörper, darunter die aus dem Iran stammenden Fajr-5- und Zelzal-2-Raketen. Diese Bewaffnung unterstreicht die Bedrohung, die die Hisbollah für die israelische Sicherheit darstellt.
Die Eliteeinheit der Hisbollah, die Radwan-Einheit, wurde mit Unterstützung der iranischen Quds-Truppe gegründet. Sie führt in der Regel Angriffe auf Israel durch.
Führer der Hisbollah ist Hassan Nasrallah.
Die Hisbollah war in den letzten vierzig Jahren für eine Reihe gross angelegter Terroranschläge gegen israelische und westliche Ziele verantwortlich. Dazu gehören der Bombenanschlag auf eine US-Kaserne in Beirut 1983, auf die israelische Botschaft in Buenos Aires 1992 und auf das jüdische Kulturzentrum in Buenos Aires 1994.
Anfang Januar 2024 ist Saleh a-Aruri, adie Nummer zwei der Hamas und Drahtzieher hinter dem Terrorangriff vom 7. Oktober, in Beirut eliminiert worden. Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah kündigte daraufhin Vergeltung für seinen Verbündeten und häufigen Gesprächspartner an. Tatsächlich attackierte die Hisbollah seit dem Terroranschlag der Hamas vom 7. Oktober ständig Ziele im Norden Israels. Allerdings hielt sie sich dabei zurück, um keinen massiven Gegenschlag Israels zu provozieren.
Leseempfehlung der Redaktion
NZZ vom 18.02.2020, «Die Rolle der Geheimdienste?», Marcel Gyr und Marc Tribelhorn
NZZ vom 09.02.2016, «Das Lachen des Terroristen», Ulrich Schmid.
Marcel Gyr, «Schweizer Terrorjahre», NZZ Libro ein Imprint der Schwabe Verlagsgruppe AG; 1. Edition (21. Januar 2016)
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